Die Schwerindustrie in Aplerbeck

Die Zeit der rasanten Industrialisierung in Aplerbeck Mitte des 19. Jahrhunderts am Beispiel der Aplerbecker Hütte

Voraussetzungen

Die Aplerbecker Hütte (Kupferstich)
Die Aplerbecker Hütte (Kupferstich)
Die wichtigsten Voraussetzungen waren

  1. der Ausbau der preußischen Staatsstraßen für die verkehrstechnische Erschließung in den Jahren 1788 - 1792,
  2. der Bau der Eisenbahnstrecke Dortmund – Hörde – Aplerbeck – Sölde – Unna und die Inbetriebnahme der Eisenbahnstation Aplerbeck mit Telegraphenstation im Jahre 1855,
  3. die preußische Gewerbeordnung von 1845: Hier wurden die Bedingungen für die Ansiedlung von Industrieanlagen festgelegt. Sie verlangte u. a. den Nachweis, dass Betriebe verkehrsgünstig lagen, so dass die Gemeindesiedlung möglichst wenig belästigt wurde. Dies traf sowohl für die Zeche "Schürbank" in Aplerbeck als auch für "Bickefeld Ost", für "Freie Vogel & Unverhofft" in Schüren und Zeche "Margarethe" in Sölde als auch für die neu entstehende Aplerbecker Hütte zu.

Gründung von Industrieunternehmen

In den 1850er Jahren kam es zu einer Flut von Gründungen industrieller "Etablissements":

  • 1855 Ver. Bickefeld Ost nach vielen vorhergehenden Versuchen und der Einführung einer Pressluftbohrmaschine vor Ort (erstmals im Ruhrgebiet)
  • 1855/56 Zeche "Schürbank & Charlottenburg"
  • 1855/56 Zeche "Margarethe" in Sölde
  • 1856 Zeche Freiberg in Sölde
  • 1856 Erweiterung der Zeche "FreieVogel & Unvberhofft"
  • 1857 Fa. Blücher AG als Hüttenbetrieb
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Entwicklung der Infrastruktur

Die Entwicklung der Einrichtungen, die wir heute zur "Infrastruktur" zählen, fällt auch in diese Zeit. Es handelt sich sozusagen um ein "Begleitprogramm" bzw. um Folgen der Industrialisierung. Dazu gehört:

  • 1840 bereits eine "Postexpeditur"
  • 1851 Bau eines Rathauses (massiver Bruchsteunbau am Markt)
  • 1853 Gründung der Rektoratschule als weiterführende Schule
  • 1855 Gründung der Aplerbecker Sparkasse
  • 1855 Telegraph an der neuen Eisenbahnstation
  • 1868 Konzessionierung einer Apotheke
  • 1872 Errichtung einer Gasanstalt zur Energieversorgung
  • 1890/95 Bau der Provinzial-Heilanstalt
  • 1899 Straßenbahn Hörde – Aplerbeck und Hörde – Schwerte
  • 1912 – 14 Bau der Eisenbahnstrecke Dortmund – Hörde – Aplerbeck – Schwerte

Mittelständische Betriebe

Im Gefolge der montanindustriellen Entwicklung entstanden auch mehrere mittelständische Betriebe im weiter verarbeitenden Gewerbe, so die Fabriken Judenberg (Aplerbeck) und Glässing & Schollwer (Schüren) im Eisenbahn- und Feldbahnbau, die Maschinenfabrik Schade (Schüren), die Drahtfabrik Houben (Aplerbeck), die Fa. Söding und v.d. Heyde (Aplerbeck, 1900), Stahl & Eisen AG (Aplerbeck, 1900), Louis Schwarz (1905) und Deutsche Vulkan AG (1917).

Unsichere wirtschaftliche Verhältnisse

Die Geschichte der Fa. Blücher AG zeigt, wie unsicher die wirtschaftlichen Verhältnisse und wie krisenanfällig sie waren:

  • 1857 Gründung der Hüttenfirma Blücher AG
  • 1860 Konkurs der Fa. Blücher AG
  • 1862 Neugründung der FA. Als "Aplerbecker Hütte"
  • 1869 Auflösung der "Aplerbecker Hütte, Übernahme durch "Brügman, Weyland & Co"
  • 1911 Übernahme durch "Westfälische Drahtwerke"
  • 1920 Kauf der Hütte durch den Stinnes Konzern
  • 1924 Übernahme durch die "Vereinigten Stahlwerke Düsseldorf"
  • 1925 endgültige Stilllegung der Hütte

Weimarer Zeit – Krisenzeit

Der Erste Weltkrieg kurbelte die Produktion zunächst an, führte aber immer wieder zu Finanzierungsengpässen, was zu Lohndumping oder gar -ausfällen führte. Wegen der Selbstversorgung der Bevölkerung bedrohte das jedoch nicht die Existenzen. Mit dem "Frieden von Versailles"(28.06.1919) kam es überall zu Umsturzversuchen, in München nahm eine sozialistische Räteregierung das Heft in die Hand. Auch in Aplerbeck übernahm ein "Arbeiterrat" die exekutive Gewalt: "Es lebe die Diktatur der Arbeiter! Es lebe die soziale Revolution!"(Aufruf vom 15.03.1919). Höhepunkt der Unruhen war die "Schlacht an der Heilanstalt" zwischen dem Freikorps Lichtschlag vom Wehrkreiskommando in Münster und der "Roten Ruhrarmee" am 16. 03. 1920. Nachdem diese Turbulenzen vorbei waren, kam es in der Zeit von 1920 – 1922 zu zahlreichen Investitionen und Baumaßnahmen, die weitgehend auf Pump finanziert wurden, was dazu beitrug, eine immense Inflation zu fördern. Der scheinbare Aufschwung dieser Jahre wurde jäh durch die Franzosen zerstört, die im Januar 1923 das Ruhrgebiet besetzten, um die Reparationsauflagen einzutreiben, die der "Versailler Vertrag" Deutschland aufgebürdet hatte.

Als es danach um die Mitte der 20er Jahre in Teilen der Weimarer Republik wie in Berlin wieder aufwärts ging und die "wilden 20er Jahre" begannen, war Aplerbeck wirtschaftlich am Ende. Es kam im Jahre 1925 zur Schließung zahlreicher Betriebe, insbesondere der Hütte und aller Tiefbaubauzechen:

  • 1925 Schließung der Hütte
  • 1925 Schließung Zeche Ver. Schürbank & Charlottenburg"
  • 1925 Schließung Zeche "Freie Vogel & Unverhofft"
  • 1926 Schließung Zeche "Margarethe".

Innerhalb eines Jahres gingen mehr als 2000 Arbeitsplätze verloren. Aplerbeck stand ab 1925 eine schwere Zukunft bevor.

Einwohnerzahlen Aplerbeck

  • 1855:1549
  • 1875:4757
  • 1900:8457
  • 1925:10604